Das Thema «Nachhaltigkeit» ist in der Öffentlichkeit zwar in aller Munde – oft verharrt es aber im Allgemeinen. Dies zeigte sich auch bei der ersten Befragung der rund 170 Gäste, die für den Journée Swissmem 2023 angereist waren. Über die Hälfte meinte, dass sie das Thema «Nachhaltigkeit» mit Lernenden nur wenig behandeln würden. Im Verlaufe des Tages sollten sich im Y-PARC in Yverdon-les-Bains diverse Möglichkeiten bieten, in das Thema einzutauchen und konkret zu werden.
Impressionen und Interviews (in Französisch)
In seinem Eröffnungsreferat ging Frédéric Borloz, Staatsrat des Kantons Waadt, auf den allgemeinen Fachkräftemangel ein und ermutigte die Industrievertreter, sich im Thema «Nachhaltigkeit» zu positionieren. Die Industrie habe viele Lösungen zu bieten, die für die ganze Gesellschaft relevant und für die weitere Entwicklung entscheidend seien, so Borloz.
Wo die Industrie einen konkreten Einfluss hat, zeigte sich im Referat von Suren Erkman. Er berät Unternehmen und staatliche Organisationen zum Thema Nachhaltigkeit und ist innerhalb der Universität Lausanne für die Gruppe industrielle Ökologie verantwortlich. Wolle man nachhaltige Effekte erzielen, so müssten die unterschiedlichen Systeme aufeinander abgestimmt sein, erklärte Erkman in seiner Präsentation.
Auch wenn die aktuelle Entwicklung manchmal entmutigend sein könne, müsse man doch positiv nach vorne schauen. Er plädierte stark für Innovationen und neue Technologien, die eine sehr hohe Hebelwirkung haben. Die Anpassung des individuellen Konsumverhaltens ist wichtig, eine noch grössere Bedeutung misst Erkman jedoch systemischen technologischen Veränderungen bei. Mit einer umfassenden Sicht auf die verschiedenen Energiesysteme und einem Denken in Kreisläufen könne mehr bewirkt werden, als wenn jeder in seinem Gärtchen wirke. Für dieses kooperative Handeln brauche es einerseits technisches Basiswissen, so Erkmann, aber auch neue Fähigkeiten und Berufsbilder.
Nachhaltigkeit in die Ausbildung integrieren
Dass in den Unternehmen bereits einiges im Bereich Nachhaltigkeit läuft, zeigten die folgende Podiumsdiskussion sowie die Präsentationen von Unternehmensbeispielen. Von der Sensibilisierung für die Natur über Bienenvölker, über die Wissensvermittelung in Form von Themenwochen bis hin zur Praxis und konkreten Ausbildungsprojekten reichen die Beispiele gelebter Nachhaltigkeit.
Lernende der Firma Bobst SA präsentierten ein Projekt im Bereich Recycling, das berufsübergreifend angegangen wurde. Vertreter der ETML zeigten auf eindrückliche Weise, wie mit systematischen Fragebögen der ökologische Fussabdruck eines Berufsfelds verbessert oder in Projekten eine stark optimierte Umweltbilanz erzielt werden kann (Präsentation). Weitere Ressourcen zu diesem Ansatz finden sich auf der Website www.ecolevaudoisedurable.ch/ressources.
Die Berufe verstärkt vermarkten
Anknüpfend an die einleitenden Worte von Staatsrat Frédéric Borloz und seine Ausführungen zum Fachkräftemangel präsentierte Thomas Schumacher, Leiter Swissmem Berufsbildung, die neue Nachwuchskampagne «Faszination Technik» (www.faszination-technik.ch, Video). Unter einem einheitlichen Brand sollen künftig die industriellen Berufe verstärkt beworben und bei Jugendlichen die Motivation für technische Ausbildungen geweckt werden.
Ergänzend erläuterte Schumacher aktuelle Entwicklungen im Rahmen der Berufsreform FutureMEM und ging in seiner Präsentation auf Aktualitäten aus dem Bereich von Swissmem Berufsbildung ein.
Unternehmensbeispiel: Wie die Jeans-Produktion nachhaltiger gemacht werden kann
Wie die Industrie ganz konkret zum Umwelt- und Klimaschutz beitragen kann und wo ihre Stärken liegen, zeigte sehr anschaulich das Referat von David Crettenand, CEO der Firma RedElec Technologie. Beim Färbeprozess von Jeans verwendet die Firma Elektrizität statt gefährliche Chemikalien. Das einzige Abfallprodukt ist Sauerstoff. Der neue Prozess ist sauberer und auch noch billiger als herkömmliche Verfahren.
Auf der Branchen Plattform www.tecindustry.ch hat Swissmem die drei Personen, die hinter dem Brand «Smart Indigo» stehen, zu ihrer Technologie befragt.
Die Stimmen der Lernenden: «Bitte konkret»
In der abschliessenden Runde konnten Lernende im Interview mit der Moderatorin Nathalie Randin ihre Meinung zum Anlass und zur Situation in den Unternehmen nochmals frei äussern. Dabei zeigte sich: Die Lernenden wünschen sich mehr konkrete Massnahmen.
Nachhaltigkeit sollte nicht als freiwilliges Extra-Programm gelebt werden, sondern natürlich in die Ausbildung integriert werden. Wie kann ich in meinem Arbeitsalltag nachhaltiger werden, wie kann ich mit meinem Beruf selbst einen Beitrag leisten? Darauf wünschen sich die Lernenden möglichst praktische Antworten.
Physik und Chemie überlistet
Der Mentalist Nicolas Burri entführte die Anwesenden zum Schluss in eine Welt, in welcher die normalen Gesetze der Physik nicht zu existieren schienen. Welches Wort hat sich eine Person gerade gemerkt? Wie heisst wohl die Jugendfreundin einer Besucherin? Was für die normalen Besucherinnen und Besucher für immer ein Geheimnis geblieben wäre, entlockte der Mentalist den Köpfen der involvierten Personen.
Die Gäste des Journée Swissmem gingen so mit Fragezeichen ins Wochenende – und mit der Erkenntnis, dass Nachhaltigkeit kein Traum ist, sondern noch viel stärker in der realen Welt der Berufsbildung etabliert werden kann.
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Der nächste Journée Swissmem findet am Donnerstag, 25. Januar 2024, in der BCF Arena in Freiburg statt.