Swissmem Berufsbildung Aktuelles Die Künstliche Intelligenz im Fokus

Die Künstliche Intelligenz im Fokus

Wie kann ich KI in der beruflichen Grundbildung wertschöpfend einsetzen? Der Swissmem Berufsbildungstag vom 23. Mai 2025 beleuchtet die neusten Entwicklungen. Im Interview gibt Bildungs- und KI-Experte George Streit Einblicke in seine Erfahrungen.

Neue digitale Tools und Plattformen, die in den vergangenen zwei Jahren die Welt im Sturm erobert haben, bieten ganz neue Möglichkeiten. Sie fordern aber auch traditionelle Lernformen heraus und werfen neue Fragen auf. Was bedeutet KI für die Berufsbildung?

Das Thema bewegt natürlich auch Swissmem als Organisation. Der ganze Bildungsbereich des Verbands hat sich daher Anfang Februar im Rahmen eines Workshops mit KI auseinandergesetzt. Einblicke in aktuelle Konzepte und neue KI-Tools vermittelten George Streit, Leiter Digitalisierung & Innovation bei ICT-Berufsbildung Schweiz, sowie Roy Franke, Head of Digital & Connect bei EB Zürich, Kantonale Schule für Berufsbildung. Wir haben die Gelegenheit genutzt und George Streit nach seinen allgemeinen Einschätzungen zum digitalen Wandel befragt.

George Streit, als Leiter des Kompetenzzentrums Digitalisierung und Innovation stehst du im Zentrum des digitalen Wandels. Wie nimmst du diesen derzeit wahr?
Der digitale Wandel ist für mich eine lebendige, sich ständig weiterentwickelnde Transformation. Aus einem konstruktivistischen Blickwinkel sehe ich, dass heute Menschen mehr denn je ihr Lernen mitgestalten wollen. In stark handlungskompetenzorientierten Lern- und Prüfungssettings müssen zwingend konkrete und praxisspezifische Arbeitssituationen simuliert werden. Es ist faszinierend zu beobachten, wie digitale Werkzeuge und Plattformen traditionelle Bildungsmodelle herausfordern und ergänzen, indem sie individuelle Lernprozesse personalisiert unterstützen und kollaboratives Lernen fördern. Die einzige Konstante im Lernen ist die Veränderung.

«Eine offene und inklusive Lernkultur, die Fehler als Lernchancen begreift, wird immer der Grundpfeiler zukunftsorientierter Bildungsprozesse sein.»

Im Bildungsbereich staunt man einerseits über die neuen Möglichkeiten der KI, andererseits gibt es auch kritische Stimmen. Wo stehst du?
Ich betrachte die Künstliche Intelligenz als «Gamechanger» mit dem Potenzial, den Bildungsbereich zu revolutionieren. Die Chancen liegen vor allem in der Personalisierung des Lernens und in der Unterstützung von Lehrkräften. KI kann repetitive Aufgaben übernehmen, wobei die Wissensvermittlung und -abfrage selbstorganisiert und eigenkompetent in die Verantwortlichkeit der Lernenden fällt. Gleichzeitig erkenne ich aber auch berechtigte kritische Stimmen an, die auf Datenschutz, ethische Fragestellungen und die Gefahr einer Entmenschlichung hinweisen. Deshalb verfolge ich einen menschenzentrierten Ansatz: KI soll als ergänzendes Tool dienen, das Lernende dazu befähigt, eigenständig Wissen zu konstruieren und kritisch zu reflektieren. Der menschliche Aspekt darf nicht aus den Augen verloren werden – der Einsatz von KI soll «human in the loop» integriert sicherstellen.

Was sind Grundwerte, die für dich in der beruflichen Bildung gleichbleiben?
In der beruflichen Bildung sind Werte wie Vertrauen, Offenheit, Respekt und die Förderung von Selbstständigkeit und Kreativität von zentraler Bedeutung. Diese Werte bilden das Fundament einer Lern- und Entwicklungslandschaft, in der alle Beteiligten sich wertgeschätzt fühlen und kontinuierlich wachsen können. Unabhängig von den technologischen Entwicklungen bleibt der Mensch im Mittelpunkt. Seine Potenziale zu erkennen und zu fördern, ist der Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg. Eine offene und inklusive Lernkultur, die Fehler als Lernchancen begreift, wird immer der Grundpfeiler zukunftsorientierter Bildungsprozesse sein.

Und in welchem Bereich sollten Unternehmen vor allem investieren?
Unternehmen sollten vor allem in den Aufbau und die kontinuierliche Weiterentwicklung digitaler Kompetenzen investieren. Das umfasst nicht nur die Implementierung moderner digitaler Lern- und Prüfmethoden, sondern auch die Schulung der Mitarbeitenden, um die neuen Technologien kompetent und verantwortungsvoll zu nutzen. Es ist essenziell, in eine robuste digitale Infrastruktur zu investieren. Stark handlungskompetenzorientierte Lern- und Prüfungsszenarien können ausschliesslich auf flexiblen Lern- und Prüfungsplattformen, die den individuellen Bedürfnissen gerecht werden, zielführend umgesetzt werden. Sie schaffen Raum für methodisch, didaktische Innovationen. Unternehmen können auf diese Weise sicherstellen, dass sie nicht nur technologisch, sondern auch kulturell und pädagogisch optimal aufgestellt sind, um den Herausforderungen des digitalen Wandels zu begegnen.
 

Antworten, Argumente und Inspiration bietet der Swissmem Berufsbildungstag vom 23. Mai 2025. Er findet dieses Jahr in den OLMA Messen in St.Gallen statt.

Berufsbildungstag 2025

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Über das Kompetenzzentrum der ICT Berufsbildung

Das Kompetenzzentrum Digitalisierung und Innovation von ICT Berufsbildung bietet Unterstützung bei Digitalisierungsvorhaben im Bildungsbereich. Es wendet sich dabei primär an Branchenverbände, Organisationen der Arbeitswelt (OdA) und Verwaltungseinheiten. Zu den Beratungsdienstleistungen gehören unter anderen die Themenbereiche digitale Kompetenzen, digitales Prüfen und Künstliche Intelligenz.

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Letzte Aktualisierung: 29.10.2024