Keine neue Technologie hat sich so schnell verbreitet wie die generativen Sprachmodelle. Und allen Nutzerinnen und Nutzern ist klar: Die Auswirkungen von KI auf den Alltag sind enorm und stecken erst in den Kinderschuhen.
Neuchâtel, die Geburtsstadt des Pädagogen Jean Piaget, der vor allem im Bereich der kindlichen Entwicklung einflussreiche Forschungen betrieb, war ein symbolträchtiger Ort für den Blick in die Zukunft. Im Théâtre du Passage trafen sich über 220 Personen aus der Welt der Berufsbildung, um sich über Grundlagen, persönliche Erfahrungen und neue Konzepte auszutauschen.
Die Künstliche Intelligenz wirft grundlegende Fragen auf
Die Moderatorin Jennifer Covo hatte die Teilnehmer und Teilnehmerinnen bereits durch ein vielfältiges Programm geführt (Details weiter unten), als Richard-Emmanuel Eastes das Thema in seinem Referat noch einmal zusammenfasste und in einen Rahmen legte. Eastes, der an der Fachhochschule West (HES-SO) für die akademische und pädagogische Weiterentwicklung der Lehrpersonen zuständig ist, stellte die folgenden Fragen in den Raum?
- Wie können wir KI unterrichten?
- Wie können wir mit KI lernen und unterrichten?
- Wie sollen wir mit Blick auf eine künftige KI-Welt unterrichten?
1. KI unterrichten
Bei der ersten Frage geht es darum, zu vermitteln, was KI ist und was von ihr erwartet werden kann. Silvia Quarteroni, Innovationsverantwortliche beim Swiss Data Center der EPFL, hatte in ihrem Einführungsreferat bereits die verschiedenen Arten von KI sowie deren Chancen und Risiken aufgezeigt.
Dass die Grundzüge der KI von Lernenden gut verstanden werden, zeigte sich danach beim Podium. Sie wenden KI bereits vielfältig an, nehmen aber durchaus auch eine kritische Distanz ein. So waren sie der Ansicht, dass man nur etwa 50% der Resultate trauen dürfe. In diese Richtung gingen auch die Standpunkte von Eastes. Er sieht KI zwar in der Rolle als «Assistent» und «Sparring-Partner», jedoch nicht als «Enzyklopädie» oder «Ghost-Writer» für Arbeiten.
2. Mit KI lernen und unterrichten
Über den ganzen Journée Swissmem hinweg zeigte sich, dass KI fürs Lernen und Unterrichten wertvolle Unterstützung bieten kann. Es sollten folglich keine Mauern hochgezogen werden, sondern vielmehr mögliche Potenziale evaluiert werden. Eastes erkannte Vorteile zum Beispiel im Bereich der Erstellung von Ausbildungsunterlagen oder fürs personalisierte Lernen während der Berufslehre. Anhand verschiedener Praxisbeispiele hatten zuvor Ausbildner und Lernende des CPNE Einblick in ihre ersten Gehversuche gegeben und konkrete Vorteile der KI aufgezeigt.
3. Ausbilden mit Blick auf eine KI-Welt
Eine Berufslehre soll auf die künftige Arbeitswelt vorbereiten und die Basis legen für lebenslanges Lernen. Aufgrund der grossen Veränderungen, welche sich durch die KI ergeben, stellen sich für Ausbildnerinnen und Ausbildner die folgenden Fragen: Was sollen die Jugendlichen lernen? Wie sollen sie lernen? Wie sind die Lektionen zu gestalten? Wie sind die Resultate zu bewerten?
Klar ist: Was KI auch alleine leisten kann, sollte nicht das Lernziel sein. Vielmehr geht es darum, Lösungen zu entwickeln und zu evaluieren, die zwar eine Komponente KI in sich tragen können, jedoch primär auf der persönlichen Einschätzung und Kreation der Lernenden basieren.
Der Mensch kann sich von der Künstlichen Intelligenz abheben
Welche Kompetenzen sind künftig besonders im Auge zu behalten? Für Eastes ist klar, dass der Mensch nicht in Bereichen mit der KI einseitig konkurrieren sollte, bei welchen die KI heute oder in naher Zukunft bessere Leistungen erzielen kann. Vielmehr sind jene Bereiche zu betonen, bei welchen die menschlichen Stärken zum Tragen kommen.
Eastes schlug ein dreidimensionales Modell vor (S.50), das drei Achsen kennt:
- die Komplexität des Gelernten
- die Komplexität der Verknüpfungen zwischen den Wissensgebieten und
- die Komplexität der Situation.
Vor allem bei Letzterem kann sich der Mensch von mathematischen Modellen abheben.
Was heisst dies für die Berufsbildung in einer Welt, die von KI durchdrungen ist?
- Die Lernenden müssen ihr Fachgebiet auch künftig beherrschen. Dabei kommen einige neue digitale Kompetenzen hinzu, während andere wegfallen.
- Die Lernenden müssen KI anwenden können. Auf einer allgemeinen Ebene, aber auch berufsspezifisch.
- Die Lernenden müssen die Resultate der KI kritisch einschätzen und sie kontrollieren können.
- Die Lernenden müssen über Kompetenzen verfügen, über welche die KI nur beschränkt verfügt. Dazu gehören zum Beispiel die Beurteilung von Situationen, das Abholen von Kundenbedürfnissen, bestimmte Formen der Kreativität sowie interpersonelle Fähigkeiten.
Informationen von Swissmem Berufsbildung
Aktuelle Herausforderungen und Projekte von Swissmem präsentierten im Rahmen des Journée Swissmem Sonja Studer, Leiterin Bildung, und Olivier Habegger, Chef Marketing Swissmem Berufsbildung. Sie beleuchteten unter anderem die folgenden Themen:
- Lernende: Wie gelingt es, die rückläufige Anzahl an Lernenden in ein Wachstum zu verwandeln?
- Lern- und Lehrmedien: Eine umfassende Erneuerung steht an. Nähere Informationen zur Lernumgebung
techlearn.swiss und zur Ausrichtung des Verlags nextecmedia folgen im Frühjahr 2025. - Berufsmarketing: Mit der Initiative faszination-technik.ch steht eine Plattform zur Verfügung, über welche die Berufe der Branche gemeinsam beworben werden können.
- Berufsrevision FUTUREMEM: Merken Sie sich die Daten der nächsten Informationsveranstaltungen:
2.4.2025, 16h, Online; 18.9.2025, SwissSkills, Bern - Berufsmeisterschaften: Die Mission WorldSkills 2026 in Shanghai hat begonnen. Ein Highlight auf diesem Weg: Die SwissSkills 2025 (17. – 21. September). Die grössten SwissSkills, die je stattgefunden haben.
Download: Präsentation
Inspiration und Unterhaltung
Wie jedes Jahr lud der Journée Swissmem die Besucherinnen und Besucher auch ein, über die eigenen Grenzen zu schauen und sich verblüffen zu lassen. Im Interview mit Steve von Bergen, ehemaliger Nationalspieler und Sportdirektor der BSC Young Boys, zeigte sich, dass der Umgang mit Daten inzwischen auch im Fussball eine gefragte Kompetenz geworden ist.
Die Auswertung von Daten liefert nicht nur Informationen zu den unterschiedlichen Spielertypen, sondern ermöglicht auch Rückschlüsse zu Spiel-Taktiken oder Prognosen zu gesundheitlichen Überbelastungen. Von Bergen erklärte, dass man sich in vielen Bereichen in der Schweiz immer noch in einer Anfangsphase befinde, das Thema KI aber für die Spielerentwicklung und das Management von wachsender Bedeutung sei.
Das Publikum mehrmals ins Staunen versetzte über den Tag hinweg der Zauberer David Schulthess. Seine Tricks spielten mit Zahlen und Wahrscheinlichkeiten – die Basis der Künstlichen Intelligenz – und sorgten für Verblüffung, Lacher und poetische Momente.
Programmpunkte und Downloads
Broschüre mit Detailprogramm
Download: Programm (PDF)
Grussbotschaft
Crystel Graf, Staatsrätin (NE), Vorsteherin des Departements für Bildung, Finanzen und Digitalisierung
Video (erstellt mit KI)
Künstliche Intelligenz: Perspektiven und Herausforderungen für die Industrie
Silvia Quarteroni, Innovationsverantwortliche beim Swiss Data Science Center der EPFL
Download: Präsentation (en français)
Verwendung der Künstlichen Intelligenz an einer Berufsschule
Cédric Perret et Pierre Soguel, CPNE
Beispiel: Erstellung Video-Clip mit KI, Arbeit von Antoine Jacot-Descombes
Download: Präsentation (en français)
Projekt der Künstlichen Intelligenz
Ali Baajour, Senior Data Science Lead; Yana Suhner, Lernende Bühler AG
Download: Präsentation (en français)
In einer KI-Welt: Was sind die menschlichen Kompetenzen?
Richard-Emmanuel Eastes, Responsable du Service d’Appui au Développement Académique et Professionnel (SADAP) à la HES-SO, Chimiste de formation, docteur en philosophie et en sciences de l’éducation
Download: Präsentation (en français)
Save-the-date
Der nächste Journée Swissmem ist im Kanton Waadt zu Gast. Tragen Sie sich jetzt schon das folgende Datum ein:
Freitag, 23. Januar 2026
Wir freuen uns, Sie begrüssen zu dürfen.